Gestickte Altarkunst zeigt liturgische Farben
Weiding.
Es ist kein Sonntag wie jeder andere gewesen. Und das ist den Gläubigen, die die Frühmesse in der Marienkirche Weiding besuchten, sogleich aufgefallen. Denn der Altar war leer, nicht gedeckt, fast schon anmutend wie alljährlich am Karfreitag oder zu Beginn der Osternacht in der Pfarrkirche Dalking. Doch der Charakter war am Sonntag genau das Gegenteil, nämlich freudig und dankbar.
Daniel Paul durfte gleich zu Beginn der Frühmesse einige Worte an die Gottesdienstbesucher richten. Auf Anregung der Mesnerinnen haben sich Gemeinde und Kirchenkasse zum Abschluß des Jubiläumsjahres „60 Jahre Marienkirche“ etwas ganz Besonderes einfallen lassen. So wird künftig die jeweilige liturgische Farbe des Kirchenjahres oder dem Anlaß entsprechend nicht nur am Gewand des Priesters und der Ministranten sichtbar sein, sondern eben auch an jenem Ort einer katholischen Kirche, der das Zentrum schlechthin ist, der Altar.
Denn Jesus sei, wie Paul aus einer Osterpräfation zitierte, Priester, Altar und Opferlamm. Ein zur Altarbedeckung schon im frühen Mittelalter zusätzlich vorgelegtes farbiges Tuch drückt die geheimnisvolle Gegenwart und zugleich die Entzogenheit Gottes aus. Die Klosterstickerei Aiterhofen habe in den letzten Wochen in feinster Handarbeit und nach eigens für Weiding entworfenen Mustern Altarparamente, oder im Lateinischen ausgedrückt „Antependien“ gefertigt, ließ der Bürgermeister wissen. Zusammen mit Ministrantin Larissa Schäfer enthüllte er die große Tafel, an der alle acht Bänder angeheftet waren.
Die Bedeutung der Farben:
Paul spannte kurz einen Reigen über alle Farben des Kirchenjahres und ging kurz auf deren interessante Bedeutung ein.
WEIß: Weiß stehe in besonderer Weise für den, der von sich sagte „Ich bin das Licht der Welt“, für Jesus Christus. An Herrenfesten und zur Osterzeit wird es zu sehen sein, ebenso zur Weihnachtszeit, hier wurde sogar ein eigenes angefertigt. Auch in den Heiligen ist der Auftrag Jesu „Salz der Erde und Licht der Welt zu sein“, sichtbar. Daher wird auch hier, sowie auch an Marienfesten dieses Weiß der Festfreude zu sehen sein. Und schließlich auch an den Kirchweihfesten, denn im Angesicht der Kirche solle das Licht ihres göttlichen Stifters in diese Welt strahlen.
ROT: Rot als Farbe der Liebe wird aufgelegt, wenn Märtyrer- und Apostelfeste im Kalender vorzufinden sind, so Paul. Denn die höchste Vollendung der Liebe ist die Lebenshingabe für andere. Zugleich werde das Werk der Liebe Gottes durch das Wirken des Heiligen Geistes fortgesetzt. Daher gelte auch am Pfingstfest die Farbe Rot, zusätzlich zu sehen an der gestickten Taube.
GRÜN: Nach Pfingsten sollte der Glaube durch die Vermittlung des Geistes wachsen und reifen. Daher sei Grün als Farbe des Wachstums auch die Farbe der Hoffnung, die die Kirche auf Jesus setze. Im Jahreskreis begleite uns diese Farbe, so werde auch heute das grüne Band erstmals an den Altar geheftet, hob Paul heraus.
VIOLETT: Zwei violette Bänder durfte er weiter vorstellen. Violett als Farbe des Umdenkens, in der vorösterlichen Bußzeit stehe diese Haltung der Lebensänderung hin zum Guten im Vordergrund. Das violette Band für die kommende Fastenzeit zeige die Leidenswerkzeuge, von den Silberlingen, dem Verrat durch Judas bis hin zur Kreuzigung.
Das zweite violette mit der Aufschrift „Der Herr ist nahe“ weist mit den vier Kerzen und dem Weihnachtsstern auf das Kommen des Erlösers hin und werde in der Adventszeit zu sehen sein.
ROSA: Zweitmal im Jahr, auch in Weiding, leuchte das Weiß von Ostern und Weihnachten an einem der Fasten- und Adventssonntage bereits durch das Violett dieser Zeiten. Gaudete, übersetzt „Freuet euch im Herrn“, oder Leatare „Freue dich“, werden diese Sonntag auch genannt.
SCHWARZ: Als letztes Band stellte das Gemeindeoberhaupt die Farbe Schwarz vor. Schwarz absorbiere alles Licht, zugleich enthalte es alle anderen Farben. Damit könne das schwarze Antependium neben dem Bild für Trauer auch das Sinnbild für Hoffnung sein. An Allerseelen oder bei einem Requiem für verstorbene Pfarrangehörige soll es uns trösten.
Namens der Kirchenkasse Weiding bat der Bürgermeister abschließend um Paten bzw. Stifter für diese Bänder. So wie einst im Jahr 1999 jede der 15 Kreuzwegstationen von Gläubigen gespendet wurden, so wäre es eine schöne Sache, auch hier wieder Spender zu finden.
Pfarrer Franz Merl stand die Freude über diese gelungenen Altarparamente ins Gesicht geschrieben. Mit einem passenden Formular sowie Weihwasser und Weihrauch segnete er die acht Antependien. Er sagte Vergelt’s Gott für die Mühen und die fleißigen Hände um diese einmalige Aufwertung für das Weidinger Gotteshaus. Die liturgischen Farben gäben dem Kirchenjahr ein festes Gefüge und einen besonderen Halt, an dem sich die Gläubigen orientieren und festhalten können. In einem abschließenden feierlichen Akt wurde der Altar erstmals mit dem grünen Band geschmückt und von Mesnerin Helga Meier gedeckt, um nun zusammen mit dem Priester die Heiligen Geheimnisse zu feiern.